Start > Über uns > Konzept > Schwerpunkt Sprache > Sprachkonzept
Unser Sprachkonzept
1. Einleitung
Ein besonderer Schwerpunkt unserer pädagogischen Arbeit ist die alltagsintegrierte sprachliche Bildung. Sprachförderung von Kindern gewinnt öffentlich, politisch und wissenschaftlich immer mehr an Bedeutung. Sie ist heute ein zentrales Thema in der frühkindlichen Bildung und ein entscheidender Faktor für Chancengleichheit und Integration. Der besondere Fokus liegt dabei auf dem Erst- und Zweitspracherwerb, der Mehrsprachigkeit, Literacy, Musik sowie Bewegung.
Wir verstehen unsere Kita als Ort, an dem Kinder Sprache nach ihren individuellen Bedürfnissen erobern können und somit eines der wichtigsten Kommunikationsmittel der menschlichen Gesellschaft erlangen. Kinder kommunizieren zunächst nonverbal, dann mit Worten und Sätzen. Sie interpretieren ihre Welt täglich aufs Neue. Um dieses Verständnis von der Welt geht es – und zwar altersentsprechend und alltagsintegriert. Wir als Erwachsene und insbesondere als pädagogisches Personal sind aufgefordert, die Kinder in ihrer Sprachentwicklung zu sehen, zu begleiten, sie sprachlich zu bilden und sie bei der Interpretation der Welt mit ihrer sozialen Gemeinschaft zu unterstützen. Gemeinsam mit ihnen einen Weg zu beschreiten, der ihnen sprachliche Sicherheit bietet und ihnen den Übergang in weitere Lebensabschnitte – Kindergarten und Schule – erleichtert.
Sprachliche Bildung ist ein langfristiger Prozess und begleitet die Kinder durch die gesamte Entwicklung in unseren Kitas. Bei uns erhält jedes Kind kontinuierlich Anregungen, die auf seiner individuellen Sprachentwicklung aufbauen. Sprachliche Bildung wendet sich an alle Kinder und sie gilt als eine grundlegende Schlüsselkompetenz für unsere Bildungs- und Erziehungsarbeit in der Einrichtung. Dazu gehören eine bewusste Auseinandersetzung der Pädagogen[1] mit dem eigenen Sprachverhalten, eine sprachanregende Gestaltung des Spielumfelds, eine sprachliche Umsetzung des pädagogischen Alltags und eine professionelle theoretische Ba-sis, die gelebt wird.
2. Theoretische Grundlagen
2.1. Bundesprojekt „Offensive frühe Chancen“
Unserer Pädagogik liegt der Bayerische Bildungs- und Erziehungsplan (BEP) und das Bayerische Kinderbildungs- und Betreuungsgesetz (BayKiBiG) zugrunde. Der pädagogische Schwerpunkt liegt auf einer optimalen Organisation von Lernprozessen, die in erster Linie durch Spielsituationen und soziale Situationen angeregt werden sollen. Die KTS Verwaltungs GmbH hat mit der Kita Luna in der Au (ehem. Zwergerlhäuser) von 2011 bis 2015 am Bundesprojekt „Offensive frühe Chancen“ teilgenommen. Das Projekt wurde vom Bundesministerium für Familie, Senioren, Frauen und Jugend initiiert. Wir waren eine von ca. 4.000 Schwerpunkt-Kitas bundesweit. Das Projekt endete zwar offiziell am 31.12.2015, dennoch bleibt die Fachkraft für Sprache und Integration weiter in unserer Kita. Ebenso wird die Sprachkonzeption und deren Umsetzung auch nach Projektende bei uns weitergeführt, weiterentwickelt und in allen Einrichtungen umgesetzt. Das Ziel der „Offensive frühe Chancen“ ist „die Verankerung und Verstetigung alltagsintegrierter sprachlicher Bildungsarbeit in Kindertageseinrichtungen“.[2] Hierauf wird auch weiterhin unser Fokus liegen.
2.2. Rolle und Aufgaben der „Fachkraft für Sprache“
Die „Fachkraft für Sprache“ ist eine zusätzliche Fachkraft in den Einrichtungen. Ihre Hauptaufgaben stützen sich auf folgende drei Säulen:
- Exemplarische sprachpädagogische Arbeit mit Kindern.
- Alltagsintegrierte Sprachförderung im Alltag und in gezielten Angeboten und Projekten.
- Beratung, Begleitung und fachliche Unterstützung der Kita-Teams in Zusammenarbeit mit den Familien der Kinder.
Beratung und Begleitung der Eltern Frage, Ängsten und Sorgen bezüglich der Sprachentwicklung ihrer Kinder
2.3. Ziele der sprachlichen Bildung
„Die Verankerung und Verstetigung alltagsintegrierter sprachlicher Bildungsarbeit“ in unserer Einrichtung bilden somit das Rahmenprogramm für sprachliche Bildung und kommen jedem Kind zugute, indem es auf den verschiedenen Ebenen seines sprachlichen Handelns gezielt vorangebracht wird, z.B. im Bereich
- der Laut-, Sprach- und Melodieproduktion (Prosodie)
- des Sprachverstehens
- der Wortschatzerweiterung
- der Satzbildung
- des situationsangemessenen Sprachgebrauchs
- des Erwerbs bestimmter mündlicher Textmuster, wie: etwas erklären, beschreiben, vergleichen, erzählen, streiten etc.
- des Grammatikerwerbs.
Darüber hinaus haben wir weitere Ziele bei unserer Arbeit mit den Kindern:
- Die alltagsintegrierten sprachlichen Angebote sind für alle Kinder so gestaltet, dass sie zum Dialog und zum freien Sprechen anregen.
- Alle Kinder werden in Gesprächssituationen beachtet.
Gesprächsregeln werden mit den Kindern erarbeitet, visualisiert und im Alltag angewandt.
2.4. Orientierungshilfen für die sprachliche Entwicklung beim Kind
Im Gegensatz zu früheren Orientierungshilfen über Sprachstände von Kindern unter drei Jahren, gibt es aktuell keine genauen Altersangaben, sondern Entwicklungsangaben in fünf Phasen in der Alterspanne von 0-3 Jahren. Hier finden Kinder in ihrer individuellen Lernstrategie Berücksichtigung und die Übergänge sind fließend. Das hat den Vorteil, dass die verschiedenen Entwicklungsstufen in der Sprache und Bewegung, im sprachlichen Spielverhalten, in der psychosozialen Kompetenz, in der Kognition etc. nicht mehr auf einen bestimmten Zeitraum festgelegt werden. Kinder haben die Möglichkeit, die Reihenfolge selbst zu bestimmen, ganz im Sinne des Bayrischen Bildungs- und Erziehungsplans (BayBEP) und dem neuen Bild vom Kind. Wir unterstützen die Kinder damit in ihrer individuellen Entwicklung und verhindern gleichzeitig einen altersvergleichenden Wettbewerb.
In der Altersstufe von 3-6 Jahren wird die Sprache verfeinert und als hauptsächliches Kommunikationsmittel angewendet. Kinder erschließen sich die Welt über die Sprache und im Dialog mit anderen Kindern und Erwachsenen. Durch Sprache wird nun die Welt verstanden und erfasst. Auch hier erschließt sich jedes Kind die Sprache selbständig und wird von den Pädagogen dort abgeholt, wo es aktuell steht.
Kinder, die mehrsprachig aufwachsen, werden in dieser Sprachkonzeption gesondert aufgeführt, da sie bis zu sechs Monate von der Entwicklung ihrer Sprache abweichen dürfen (siehe Kapitel 3.3.1).
3. Methodisches Vorgehen und Umsetzung in der sprachpädagogischen Arbeit mit Kindern
3.1. Sprachanregendes Umfeld
Unsere Aktionsräume sind so gestaltet, dass sie die Kinder zum Sprechen anregen. Im Rollenspielraum laden beispielsweise Theaterbühne, Verkleidungsecke, Spielküche, Puppenbereich mit Puppen, Puppenwagen, Puppenschrank und Wickelkommode, Handpuppen und Kaufladen zum gemeinsamen Spielen und Sprechen ein. Wir verfügen über ein umfangreiches Bilderbuch-Kontingent mit mehrsprachigen Büchern, die teilweise auch als Bilderbuchkino zur Verfügung stehen. Ein Aktionsraum ist beispielsweise so gestaltet, dass sich die Kinder u.a. mit Büchern, die frei zugänglich sind, zurückziehen können, z.B. auf ein Sofa, auf die Hochebene oder auf die darunter befindliche Höhle, um gemeinsam in Interaktion treten zu können. Auch der Bauraum mit verschiedenen Bau- und Spielmöglichkeiten sowie der Bewegungsraum mit viel Spielraum laden zum Sprechen ein. In allen Räumen stehen Musikplayer zur Verfügung, die zum Mitsingen, Tanzen oder Geschichten Hören anregen, oder auch mit klassischer Musik in kurzen Sequenzen zum Malen, Ausruhen, Träumen, Kuscheln etc. gezielt genutzt werden. Durch saisonale Dekoration, den ausgestellten Kunstwerken der Kinder und thematisch passenden Bildern werden ebenfalls Sprachanlässe geschaffen.
3.2. Dialog und Dialoghaltung
Dialog bedeutet für uns wechselseitiger Austausch. Im Dialog zu sein, heißt, gemeinsam aufeinander abgestimmt zu handeln. Wir erleichtern und ermöglichen den Kindern den Start in die Sprache und sorgen für einen dauerhaften und regen Austausch mit ihnen. Wir unterstützen sie immer auch in der Kommunikation mit anderen Kindern.
Beginnend mit den nonverbalen und verbalen Erkennungszeichen des Säuglings und Kleinstkindes, dem Schreien, darauf aufbauend Laute und Töne, das Ausprobieren verschiedener Stimmlagen, das Erhören und Nachahmen der jeweiligen mutter- /vatersprachlichen Sprachmelodien (insbesondere die Unterscheidung mehrerer Erstsprachen bei mehrsprachigen Kindern), die Babbel- oder Lallsprache, Worte, Sätze und schließlich die Sprache als Mittel, sich die Welt zu erschließen und zu verstehen, beflügeln Kinder im Dialog zur kindlichen Sprachentwicklung. Darin unterstützen, fördern und bilden wir die Kinder in Zusammenarbeit mit ihren Eltern (siehe Punkt 5). Wir erreichen dies, indem wir sie beobachten, erkennen, wo sie sprachlich stehen, und mit ihnen einen altersgemäßen Dialog führen und ihnen im Kindergarten Wissen über die Sprache vermitteln.
Zur Erreichung dieses Zieles reflektieren wir uns täglich selbst. Wir überprüfen, ob wir beispielweise auch nonverbal oder nur verbal antworten, ob wir die Kinder richtig verstanden haben, ob wir ihnen zuhören, und ob wir genügend Pausen machen, damit sie auch antworten können. Weiterhin prüfen wir, ob wir zu viel, zu schnell und/oder zu undeutlich sprechen, sie bedrängen oder belehren, genügend oder zu schwierige Fragen stellen, zu lange Erklärungen abgeben, sie sprachlich überfordern, und ob wir die jeweiligen Sprachstände der Kinder berücksichtigt haben. Wir arbeiten nach der Richtlinie: je jünger die Kinder, desto kürzer sollten die Sätze und Worte sein.
3.3. Alltagsintegrierte Sprachförderung
Wir stärken die Kindersprache! Wir vermitteln Freude am Sprechen.
Dem Entwicklungsstand angemessen lehren wir den Kindern nicht sprechen, sondern lassen sie in ihrer Kindersprache sprechen, verstehen sie und praktizieren in der verstehenden Satzwiederholung eine positive Verstärkung. Ein Beispiel: das Kind sagt „Mama Arbeit“, wir antworten „Ja, deine Mama arbeitet.“ Wir vermeiden den Gefühlstransfer, die Kinder könnten etwas falsch machen. Wir korrigieren sie nicht, lassen sie nicht nachsprechen und fragen sie nicht ab. Der sozial-kommunikative und kognitive Austausch steht im Rahmen des gemeinsamen Handelns und der spielerischen Aktivität an erster Stelle. Wir sprechen auf Augenhöhe, freundlich, ruhig und gelassen mit den Kindern.
Alle pädagogischen Kräfte nutzen hierzu die alltäglichen Gelegenheiten und schaffen sprachanregende Freiräume, um mit den Kindern in den Dialog treten zu können, wie:
- in der Bring- und Abholsituation – Begrüßung und Verabschiedung
- im Morgenkreis und Singkreis
- bei Tischgesprächen zu den Mahlzeiten
- in Spielsituationen
- während der Portfolio- oder Bilderbuchbetrachtung
- in Angeboten und Projekten
- in An- und Ausziehsituationen
- in der Wickel- und Toilettensituation
- bei allen sonstigen pflegerischen Tätigkeiten (Nase putzen, Schlafen legen etc.).
Wir sprechen täglich mit den Kindern, antworten, fragen, verständigen uns, tauschen uns aus, erzählen, erklären und kommentieren. Sprachbegleitendes Handeln ist für uns ein wichtiger Punkt, den Kindern die alltäglichen Handlungen und Zusammenhänge nahezubringen und ihren Wortschatz zu erweitern. Durch gezielte Impulse regen wir die Kinder an, sich selbst Gedanken zu machen und Lösungen oder Erklärungen zu finden. Sei es beim Anziehen, warum erst die Socken und dann die Schuhe angezogen werden sollten, oder erst das Unterhemd und dann der Pullover, und wie das geht. Wir erarbeiten uns gemeinsam, was wir beispielsweise zum Kuchenbacken, brauchen, woraus Matsch besteht, und warum die Sonne nicht scheint. Wir geben nur dort etwas vor, wo die Kinder auf unsere Hilfe oder Regulierung angewiesen sind.
Mehrsprachigkeit und interkulturelle Aspekte
Kinder sind von Geburt an in der Lage, mehrere Erstsprachen gleichzeitig zu erlernen. Da jedes Kind jedoch anders lernt, sind wir angehalten, zu beobachten, zu differenzieren und angemessen zu reagieren. Es gibt beispielsweise Kinder, die verschiedene Sprachen mischen. Was sie in der einen Sprache nicht wissen, ersetzen sie mit den Wörtern aus der anderen Sprache, oder sie antworten nur in einer Sprache, oder sie beobachten und sammeln erst einmal Worte und lassen sich Zeit mit dem Sprechen. Wir lassen dies alles zu. Wir leben Vielfalt, wertschätzen andere Kulturen und unterstützen die Eltern, ihre Mutter-/Vatersprache auch weiterhin mit dem Kind zu sprechen. Wir informieren sie, welchen Vorteil und Nutzen das Kind dadurch hat und klären rundum auf. Die Fachkraft für Sprache nutzt dazu unter anderem die Eingewöhnungszeit, in der die Eltern ihr Kind in den ersten Tagen begleiten. Genauere Einzelheiten erfahren die Eltern auf dem jährlichen Sprachelternabend (siehe Punkt 5).
Wir sehen Mehrsprachigkeit auch als Chance für deutsche Kinder und haben das Angebot um „mehrsprachiges Eltern-/Großelternvorlesen“ in einigen unserer Einrichtungen erweitert. Auch andere Familienmitglieder sind herzlich willkommen und können sich in ihrer Mutter-/Vatersprache aktiv durch das Vorlesen von mehrsprachigen Bilderbüchern oder mittels Bilderbuchkino einbringen. Das Vorlesen findet mindestens einmal im Monat statt. Es geht uns um die Wertschätzung anderer Familiensprachen und um die Vermittlung anderer Kulturen, wie diese sprachlich klingen, und dass sie jederzeit willkommen sind. Wir wollen Kindern, die mit einer anderen Sprache zu uns kommen und als Zweitsprache Deutsch lernen, helfen, die Sprachbarrieren schneller zu überwinden und in der Kindergemeinschaft aufgenommen zu werden. Dazu laden wir auch deutsche Familien herzlich ein, im Wechsel mit anderen Familien in einem Dialekt oder einer anderen Sprache vorzulesen.
Wir legen Wert darauf, dass alle Kinder selbstverständlich mit anderen Kulturen aufwachsen und sich Fremdenängste gar nicht erst aufbauen. Das interkulturelle Projekt „Andere Länder – andere Sitten“, dass wir gemeinsam mit den Eltern mehrsprachiger Kinder durchführen, bestärkt uns darin: Eltern mit unterschiedlichem kulturellem Hintergrund bereichern in vielfältiger Weise unseren Kenntnisstand, sowohl zu dem jeweiligen Land als auch in unserem Wissen. Hier wird einmal gebacken oder gekocht, einmal gesungen oder getanzt. Was auch immer den Eltern einfällt, um ihr Land vorzustellen, teilen wir mit Wertschätzung und Freude mit ihnen. Unsere Grundhaltung der gegenseitigen Wertschätzung und Partizipation gehört zu unserem demokratischen Verständnis von Bildung und ermöglicht, dass wir und die Kinder offen auf andere Kulturen zugehen.
Literacy
Literacy nimmt in der modernen Pädagogik einen besonderen Stellenwert ein. Durch wissenschaftliche Untersuchungen konnte nachgewiesen werden, dass „diejenigen Kinder in der Schule bessere Sprach-, Lese- und Schreibkompetenzen aufweisen, die in der frühen Kindheit vielfältige Erfahrungen mit Sprache, Vorlesen, (Bilder-) Büchern, Schrift usw. gemacht haben“[3] In unseren Einrichtungen achten wir darauf, dass die Kinder mit vielfältigen Symbolen in Berührung kommen und die Fähigkeit der Deutung entwickeln und ausbauen. Wir haben beispielsweise einen wöchentlichen symbolischen Essensplan mit Bildern. Zahlen und Buchstaben kommen zahlreich in unseren Bilderbüchern oder Liedern vor. Wir haben sie in Zahlenform an der Magnetwand, an dem Adventskalender oder auf dem Geburtstagstisch. Wir sind mit Noten durch unsere Liederordner und Liederbücher im Kontakt, andere Symbole befinden sich an den Türen, in den Portfolio-Ordnern oder in den Bilderbüchern. Mit Spielgeld kommen die Kinder im Kaufladen in Berührung. Lesen und schreiben sehen sie uns täglich, zum Beispiel beim Notieren der aktuellen Tagesereignisse oder der Schlafzeiten, bei der Niederschrift von Beobachtungen, bei der Hinterlegung ihrer Namen auf Malblättern oder beim Vorlesen von Titeln und Texten der Bilderbücher im Bilderbuchkino, als Begrüßung in verschiedenen Sprachen mit den jeweiligen Landesfahnen an der Eingangstür und vieles mehr.
Wir achten entsprechend darauf, dass alle Kinder freien Zugang zu Bilderbüchern, Stiften, Papier und sonstigen Materialien haben. Durch vielfältige Angebote zu diesem Thema bieten wir den Kindern dialogische Bilderbuchbetrachtungen an, gehen mit ihnen Einkaufen, setzen Impulse im Rollenspiel, zählen spielerisch mit ihnen in verschiedensten Situationen, z.B. beim Teilen, beim Tisch decken, bei Brettspielen oder Puzzles etc.
Sprache und Bewegung
Ohne Bewegung keine Sprache. Der Spracherwerbsprozess ist kein isolierter Vorgang, sondern entsteht ganzheitlich. Dabei beeinflussen sich sensorische, motorische, kognitive, emotionale und soziale Entwicklungsprozesse gegenseitig. Wir sehen daher die Sprachentwicklung als ganzheitlichen Prozess. Beispielsweise dienen Saug- und Schluckbewegungen als Vorbereitung für die Koordination der Sprechbewegungen. Wobei das Zusammenspiel von Lippen, Zunge, Kehle, Kiefer, Gaumen, Sinnesorganen, Lunge und Glieder wichtige Bewegungen sind, um Sprache entwickeln zu können. Allein zur Lautentwicklung müssen ca. 65 Muskeln bewegt werden. Den Händen und Fingern kommen deshalb eine besondere Bedeutung zu, indem Kinder über das Begreifen ihre Umwelt erfassen, erkennen, deuten und schließlich benennen. Doch auch die Entwicklung der Sinne wie Riechen, Sehen, Hören, Schmecken, Fühlen oder auch die Sinne für Schwerkraft, Luftdruck, Nässe, Trockenheit etc. erfordern ein ganzkörperliches Miteinander. „Bewegung ist vom ersten Tag an Motor der kindlichen Entwicklung, dies trifft auch auf den kindlichen Spracherwerb zu“[4].
Wir orientieren uns an der Pädagogik von Maria Montessori, die „im Besonderen davor warnte, in die unterschiedlichen Entwicklungsprozesse von Bewegung einzugreifen und diese zu forcieren. Dadurch, dass unter anderem Muskeln, Nerven und das Gehirn beteiligt sind, kann eine Beschleunigung der Bewegungskompetenzen die Entwicklung eines Kindes ernsthaft schädigen.“[5]
Gleiches gilt auch für die sprachliche Entwicklung. Wir trainieren und üben das Sprechen nicht mit Kindern. Wir verbessern sie nicht und lassen sie nicht nachsprechen. In allen Fällen bekämen Kinder ein Gefühl der Unzulänglichkeit und das vermeiden wir. Wir stärken und ermuntern sie, Freude an Bewegung und Sprache zu haben oder zu entwickeln.
Auf Basis dieses Wissens richten wir Kinder erst auf oder setzen sie erst hin, wenn sie diesen Schritt von sich aus erlernt haben. Wir führen sie erst an der Hand, wenn sie alleine laufen können. Wir lassen ihnen die Zeit, die sie benötigen, um diese wichtigen Entwicklungsschritte und Kompetenzen selbständig zu erwerben. Wir haben es uns zur Aufgabe gemacht, Kinder in ihrem körperlichen Entwicklungsprozess altersgemäß zu unterstützen, indem wir ihnen Bewegungsangebote mit klassischen Spielmöglichkeiten wie Kletterwände, Bewegungslandschaften, Bälle, Reifen, Gartengeräten etc. zur Verfügung stellen. Wir ergänzen diesen Bewegungsdrang, indem wir ihn sprachlich und musikalisch begleiten und motivieren die Kinder, über Bewegungslieder, Bewegungsspiele, Rhythmik, Tanz, Bewegungsgeschichten und psychomotorische Angebote in Bewegung zu bleiben oder zu kommen. Dadurch kann Sprache be-greifbar werden und die Kinder können neben ihren körperlichen Fähigkeiten auch ihren Wortschatz und ihr Wortverständnis wachsen lassen.
3.3. Alltagsintegrierte Sprachförderung
Quer durch das Jahr begleiten viele kleine und große sprachliche Angebote unsere pädagogische Arbeit. Sie richten sich an alle Kinder, denn beispielweise Mundmotorik (Prusten, Lippen lecken, Pusten etc.), Fingerspiele, Bewegungsspiele, dialogische Bilderbuchbetrachtung und Vorlesen werden von allen Kindern geschätzt. Kamishibai (japanisches Papiererzähltheater) und Bilderbuchkino hingegen richten sich eher an Kinder über einem Jahr.
Da alle Projekte und Angebote innerhalb und außerhalb der Schwerpunkttage vom pädagogischen Personal sprachlich begleitet werden (siehe pädagogische Konzeption), stellen wir an dieser Stelle nur die gesondert sprachlich relevanten Projekte vor. Als besonders geeignet für die kindliche Sprachentwicklung haben sich in unseren Einrichtungen die Geschichtenwerkstatt und die Musik etabliert.
Vorkurs Deutsch 240
Im Rahmen der sprachlichen Bildung beginnt im vorletzten Kindergartenjahr der Vorkurs Deutsch 240 in unseren Einrichtungen. Kinder, die einen erhöhten Förderbedarf in der deutschen Sprache haben, werden in Zusammenarbeit mit der Grundschule gefördert. Die Kinder erhalten wöchentlich bei gezielten Angeboten und Projekten zusätzliche Förderung in der sprachlichen Bildung. Der Kindergarten leistet dafür im Rahmen des „Vorkurs Deutsch 240“ pro Kind im vorletzten und letzten Kindergartenjahr insgesamt 120 Stunden. Durch die Kooperation mit der Grundschule ermöglichen wir den Kindern einen fließenden Übergang und einen guten Start in die Schule.
Die Geschichtenwerkstatt
Die Geschichtenwerkstatt ist ein ganzjähriges Sprach- und Literacy-Projekt, das von allen Pädagogen durchgeführt wird.
Das neue Bildungsjahr beginnt mit der „Erzählwerkstatt“. Diese beinhaltet das Erzählen von Geschichten und wird zunächst offen für alle Kinder angeboten. Sie ist eine Vorstufe zur „Geschichtenwerkstatt“, in der die Kinder angehalten werden, eigene Geschichten frei zu erfinden. Der Fokus liegt in jedem Bildungsjahr auf den ca. 1,5 bis 6-jährigen Kindern, wobei einzelne „Jüngere“ durch zusehen/hören auch Interesse zeigen. Mit dem Erzählen drücken Kinder ihre Gefühle, Wünsche, Bedürfnisse und Erlebnisse aus und verarbeiten ihre Welt, ordnen und begreifen sie. Die meisten Kinder benötigen noch fassbare oder greifbare Gegenstände, um ins tiefe Erzählen zu gelangen.
In der Geschichtenwerkstatt geht es in erster Linie um Erzählfreude, doch auch nach und nach um Erzählkompetenz, Fantasie und Selbstbewusstsein, die sich aus der Erzählwerkstatt entwickeln. In dieser Phase werden die Kinder mehr und mehr aufgefordert, aus ihrer Fantasie heraus eine Geschichte zu erzählen oder zu erfinden, ohne Unterstützung von Gegenständen. Dadurch können wir erkennen, ob die Kinder schon ein abstraktes Vorstellungsvermögen entwickelt haben. Das sogenannte „Imaginieren“ ist die Entwicklungsstufe, ab der Kinder in der Lage sind, eine Geschichte zu erfinden, ca. zwischen 2,5 und 3 Jahren (plus/minus). Die Geschichte hat immer einen Anfang, jedoch erst gegen Ende der Kinderkrippenzeit auch ein Ende, da dies einer langen Erfahrungszeit der Kinder bedarf.
Zur Anregung für Erzählungen und Geschichten stehen den Kindern Bildkarten und Figuren zur Verfügung.
Unser Ziel ist die Förderung der Sprachentwicklung, der Wortschatzerweiterung sowie der sozial-kommunikativen, sprachlich-kognitiven, prosodischen (sprachmelodischen) und grammatikalischen Entwicklung. In der Gruppenerzählung stellen wir Regeln auf, regen dadurch die Zuhörfähigkeit und soziale Kompetenz an, setzen dem Ausleben von Fantasie und Kreativität möglichst keine Grenzen, belehren nicht, stärken die Ich-Identität und stützen die Medienkompetenz.
Musik im ganzheitlichen, sprachlichen und interkulturellen Kontext
Wir leben die Musik als ganzheitliche sprachliche Bildung, da sie beim Kind alle Basiskompetenzen von der Kognition bis zur sozialen Entwicklung berührt und fördert. Musik ist kreativ, selbstmotivierend, bewegend und auffordernd. Für uns fängt Musik schon als Rhythmus mit dem Herzschlag der Mutter im Mutterleib an und endet nie. Die erste vorsprachliche Kommunikation findet auf musikalischer Ebene statt (Lall- oder Babbel-Phase). Musik löst in uns Bewegungen und Gefühle aus. Musik ist eine Weltsprache, die nicht übersetzt werden muss, und die in allen Kulturen der Welt verstanden wird. Musik hören und selbst machen, ist für Kinder eine lustvolle Erfahrung, bei der sie mit dem ganzen Körper und der Seele dabei sind. In Verbindung mit Sprache und Musik verdoppeln zwei Kommunikationssysteme ihre Kraft und das ist unsere Intention.
Wir setzen Musik bewusst und verstärkt im Morgenkreis, im Singkreis, zur Beruhigung, bei Übergängen und zwischendurch ein, da wir die Erfahrung gemacht haben, dass nicht nur deutsche Kinder, sondern Kinder aus aller Welt mit Musik die deutsche Sprache schneller erlernen. Sie erleben mit Musik viel Spaß und werden dadurch motiviert. Für uns ist Musik elementar. Kinder lernen dadurch unterschiedliche Klänge wahrzunehmen, ihre Stimme spielen zu lassen und lernen ganz nebenbei neue Wörter.
4. Beratung, Begleitung und Fortbildung des pädagogischen Teams
4.1. Sprachvorbild und Begleitung
Zu den oben aufgeführten Rahmen-Zielen hat die Fachkraft für Sprache gemeinsam mit den Teams zusätzliche Handlungsziele erarbeitet, um alltagsintegrierte sprachliche Bildung, auch einrichtungsspezifisch und auf das jeweilige Team zugeschnitten, umsetzen zu können. Wir verstehen unsere Ziele als lebendigen fortlaufenden Prozess, dessen Weiterentwicklung auch über die unten aufgeführten Ziele hinausgehen wird:
- Wir sind die Sprachvorbilder und setzen uns bewusst mit dem Thema auseinander: „Ich bin ein Sprachvorbild“.
- Wir verfolgen eine altersangemessene Kommunikation mit den Kindern im Dialog.
- Wir sorgen für eine sprachanregende Umgebung durch die Gestaltung unserer Räume und durch sprachanregende Situationen.
- Wir haben alle Kinder im Blick. Insbesondere ruhige, zurückhaltende Kinder können die Möglichkeit der Kommunikation mit uns nutzen. Sprachstarke Kinder stehen dabei nicht zurück.
- Wir fördern Kindergespräche und achten darauf, dass wir mehr offene, als geschlossene (ja/nein) Fragen stellen.
- Wir ermitteln unter Einbezug der Eltern den jeweiligen Sprachstand der Kinder, berücksichtigen Besonderheiten wie Mehrsprachigkeit oder Zweitspracherwerb und tauschen uns im Team über Aktuelles aus, wie: Sprachstände der Kinder, erste Wörter und ähnliches.
- Wir achten auf eine offene und angstfreie Kommunikation, in der die Kinder sich frei auszudrücken dürfen.
Wir achten darauf, dass unsere Sprachregeln eingehalten werden und dass alle Kinder, die mit uns in den Dialog treten möchten, berücksichtigt werden. Dies fördert eine feinfühlige Dialoghaltung, sowohl mit den Kindern als auch mit den Pädagogen.
4.2. Austausch und Beratung im Team
Das Team und die Fachkraft für Sprache tauschen sich regelmäßig über den Sprachentwicklungsstand der Kinder und aufkommende Fragen der Eltern aus. Hierzu dienen die regelmäßigen Team-Sitzungen alle 14 Tage, die wöchentlichen Mittagsteams, die Tür- und Angelgespräche, gesonderte Sprachteamsitzungen, Feedbackgespräche und ggf. die Supervision.
In der Eingewöhnungsphase ermittelt der zuständige Pädagoge die Sprachgewohnheiten der Kinder mittels Erstgesprächsbogen durch die Eltern und gibt ggf. relevante Informationen an die Fachkraft für Sprache weiter. Alle Team-Mitglieder haben zu jeder Zeit die Möglichkeit, eine Sprachstandermittlung von der Fachkraft für Sprache anzufordern oder selbst zu erstellen und sich per Feedback auszutauschen. Alle Team-Mitglieder können die Fachkraft für Sprache jederzeit zu einem Entwicklungsgespräch oder zur Begleitung und Beratung von Elterngesprächen anfordern. Die Fachkraft für Sprache ermittelt gemeinsam mit dem Team Kinder mit besonderem Sprachförderbedarf und berät das Team bei der Durchführung. Fachwissen und Beratung, auch in Form von Literatur, wird von der Fachkraft für Sprache an das Team weitergegeben und zur Verfügung gestellt. Bei der Bestellung von sprachrelevanten Materialien steht die Fachkraft für Sprache beratend zur Seite.
5. Bildungs- und Erziehungspartnerschaft mit Eltern
Ein wichtiges Element der pädagogischen Arbeit liegt in der Beobachtung, Unterstützung, Förderung und Dokumentation der kindlichen Sprechaktivitäten. Bei Auffälligkeiten ist die Fachkraft für Sprache die zuständige Instanz, die Eltern aufmerksam zu machen, zu informieren und ihnen mit professionellem Rat zur Seite zu stehen. Darüber hinaus haben alle Eltern jederzeit die Möglichkeit, einen zusätzlichen Termin mit der Fachkraft für Sprache zu vereinbaren, um Informationen zum Sprachstand ihres Kindes zu erhalten. Zu diesen Gesprächen wird der zuständige Pädagoge hinzugezogen oder informiert, damit alle den gleichen Kenntnisstand haben. Fragen zur Mehrsprachigkeit werden im Erstgespräch des Eingewöhnungsbogens bearbeitet, um den persönlichen Bedarf des Kindes zu ermitteln. Tägliche Tür- und Angelgespräche sorgen für einen regen Austausch und können kurze Informationen beinhalten und Fragen schneller beantworten.
Die Fachkraft für Sprache führt ein Mal im Jahr einen Sprachelternabend durch, dieser kann theoretischer oder praktischer Art sein.
Immer wiederkehrende Fragen und relevante oder aktuelle Themen werden für alle Eltern in dem hausinternen Newsletter oder per Aushang von der Fachkraft für Sprache veröffentlicht.
6. Beobachtung und Dokumentation
Zu Beobachtung und Dokumentation haben wir im sprachlichen Bereich verschiedene Methoden entwickelt, um unsere Arbeit darzustellen. Im Wesentlichen arbeiten wir in der sprachlichen Bildung mit Fotos, Audioaufnahmen und auf Wunsch der Eltern oder bei Bedarf mit dem DJI[6] Reflexions- und Analysebogen. Der Bogen wurde als zusätzliches Beobachtungs- und Dokumentationsinstrument von dem DJI entwickelt, das die Standard-Instrumente wie die Entwicklungstabelle von Prof. Dr. Kuno Beller (in der Kinderkrippe) sowie Sismik und Seldak (im Kindergarten) ergänzt. Mit diesem Bogen ist eine gezielte Beobachtung, Reflexion und Analyse in einer Standardsituation, durch das Kind selbst gesteuerten Spielsituation oder einer angeleiteten Situation möglich. Die Auswertung erfolgt dann mit Hilfe der DJI-Orientierungsleitfäden und durch Feedbackgespräche im kollegialen Austausch.
Unterstützend dazu ziehen wir bei Bedarf die Audioaufnahmen aus der Geschichtenwerkstatt heran oder dokumentieren gezielt mit dem Aufnahmegerät den jeweiligen Sprachstand des Kindes. Zusätzlich stehen in jedem Aktionsraum allen Team-Mitgliedern Klemmbretter mit Dokumentationsbögen zur Verfügung, um besondere Entwicklungssprünge oder sprachliche Äußerungen von Kindern etc. zu notieren, die dann der Fachkraft für Sprache und/oder den entsprechenden zuständigen Pädagogen für das Kind für die Portfolio-Dokumentation zur Verfügung gestellt werden.
Nehmen Kinder an sprachlichen Bildungsangeboten teil, dokumentieren wir dies für die Eltern an der Tagesrückblickwand und halten es zusätzlich mit Fotos im Portfolio fest.
7. Impressum
Trägerschaft
KTS Verwaltungs GmbH
Haidelweg 46
81241 München
Vertreten durch:
Die Geschäftsführer Dr. Kurt Berlin und Johannes Nagel
Ansprechpartner:
Sarah-Linda Manes (Regionalleitung)
E-Mail: s.manes@kita-luna.de
Urheberrecht
Die durch den Herausgeber erstellten Inhalte der Einrichtungskonzeption unterliegen dem deutschen Urheberrecht. Die Vervielfältigung, Bearbeitung, Verbreitung und jede Art der Verwertung außerhalb der Grenzen des Urheberrechts bedürfen der schriftlichen Zustimmung des Herausgebers. Soweit Inhalte des Ernährungskonzeptes nicht vom Herausgeber erstellt wurden, werden die Urheberrechte Dritter beachtet. Insbesondere werden Inhalte Dritter als solche gekennzeichnet.
München, 2025
Fußnoten
-
- In unserer Sprachkonzeption wird aus Gründen der besseren Lesbarkeit das generische Maskulinum verwendet. Weibliche und anderweitige Geschlechteridentitäten werden dabei ausdrücklich mitgemeint, soweit es für die Aussage erforderlich ist.
- Aufgaben der Sprachexpertin, Bundesministerium für Familie, Senioren, Frauen und Jugend, 10.01.2014.
- kindergartenpaedagogik.de/1719.html, Martin R. Textor.
- Handbuch „Sprachförderung durch Bewegung“, Renate Zimmer, Herder, 2013, S. 24ff.
- „Übungen des praktischen Lebens“, Jutta Bläsius, Herder, 2013.
- dji.de – Deutsches Jugendinstitut.